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Danke, du Pfeife! Über das (manchmal) schwierige Verhältnis zwischen Radfahrern und Hundehaltern
Rücksichtslose Radfahrer, ängstliche Hunde und verzweifelte Frauchen ...
Mit gegenseitiger Rücksicht geht's doch viel besser!
Der Kampf um den Waldweg hat wieder begonnen ...
Ja, es ist wieder soweit – der Kampf um die Vorherrschaft auf den Gassiwegen geht in die nächste Runde.
Nachdem wir hier im Nordschwarzwald gefühlt drei Jahre Dauerwinterwetter hatten, ist über Nacht der Hochsommer über uns hereingebrochen. Herrlichster Sonnenschein, blühende Wiesen, grüne Wälder – nix wie raus! 😍
Leider hat so ein Ausflug in die Natur nicht nur schöne Seiten. Sobald die letzten Eisplatten vom Waldweg getaut sind, wird es gefährlich für Sophie und mich.
'Dabei bin ich so gern draußen unterwegs!'
Sie sind nämlich wieder unterwegs.
Einzeln, in Gruppen, mit und ohne Flautenschieber. Aber fatalerweise leiden fast alle von ihnen an einer biologischen Fehleinschätzung, sobald sie im Sattel sitzen.
Keine Ahnung, woran es liegt – aber, bitte, liebe Radfahrer: Die menschliche Spezies hat keine Augen im Hinterkopf!
Nein, echt nicht. 😬
Wir sind leider keine zweibeinigen Chamäleons, die einen 360-Grad-Winkel abdecken. Alles, was sich hinter uns so abspielt, kriegen wir nicht über eine (zusätzliche) optische Sensorik mitgeteilt. Also, nix mit Frühwarnsystem, dass sich von hinten jemand in mehr oder weniger höllischem Tempo auf Kollisionskurs nähert.
Auch wenn ich mir so ein Gerät manchmal wünsche … 🎉
Wir sind leider keine Maschinen …
In den ersten Sommerjahren mit Sophie im Schlepptau (bzw. an der Leine) habe ich wirklich an mir selbst gezweifelt.
Erstens war mir gar nicht bewusst, wie viele Radler es bei uns in der Gegend so gibt. Da kann sich China als angebliches ‚Land der Fahrradfahrer‘ echt eine Scheibe abschneiden!
Egal ob aufgemotztes Mountainbike mit Spezialreifen, klappriges Nostalgiegerät mit manueller Schaltung und Rücktrittbremse, superleichtes Alurad für den Tour de France-Fan oder das Äquivalent zur motorisierten Familienkutsche mit extrabreitem Anhänger für ein bis zwei Kinder, Bierkästen, Zelt oder was man sonst noch so alles fürs (Über)Leben in der Wildnis braucht – sobald die Temperaturen die Zehn-Grad-Marke knacken und der Regen etwas weniger feucht wird, sind sie in Scharen unterwegs. Jeder in seinem eigenen (Höllen)Tempo, aber alle der irrigen Meinung, wenn sie einen sehen, sehen wir sie auch.
Wie gesagt, das funktioniert im normalen, vorwärts gerichteten Gesichtsfeld normalerweise schon ganz gut.
Nur leider eben nicht, wenn sie sich von hinten nähern. 🙄
Zweitens man ist nirgends wirklich vor ihnen sicher. Egal, ob auf holprigen Waldpfaden, unübersichtlichen, mit engen Kurven gespickten Wegen oder steilen Bergstegen. Erst vor ein paar Monaten konnte ich Sophie gerade noch hochreißen und mit einem beherzten Sprung in die Büsche einem Mountainbiker ausweichen, der offensichtlich für eine Tour auf den Mount Everest trainiert. Mit dem Fahrrad, versteht sich. Da sind bundesdeutsche Klettersteige mit zwanzig Zentimetern Lauffläche am Steilhang eine leichte Übung.
Ernsthaft.
Wie gut, dass Sophie und ich so gelenkig sind und uns vor ein bisschen wilder Brombeerhecke nicht fürchten. Lieber ein paar Dornen im Hintern als dreizehn Kilogramm Edelstahl samt neunzig Kilogramm Mensch drauf.
Wie heißt’s so schön? Der Klügere gibt nach.
Ja, auch am Steilhang.
Sie. Sind. Überall. 😲
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Und drittens: Radfahrer haben immer Vorfahrt. Auch wenn sie verkehrsrechtlich keine hätten.
Und sie haben immer das Recht des Stärkeren auf ihrer Seite. Wer bremst, verliert. Wer klingelt, noch mehr. Wahrscheinlich stehen diese Regeln in einem streng geheimen Codex, den man mit dem neuen Fahrrad ausgehändigt bekommt. Ich hab keines, deswegen bin ich da leider auch so ahnungslos. 🤔
Spaziergänger und Fahrradfahrer – eine nicht immer folgenlose Begegnung
Selbst wenn man ‚nur‘ als Spaziergänger unterwegs ist, macht es keinen Spaß, wenn man von einem Radfahrer zu Tode erschreckt wird, der mit knappstem Abstand von hinten um einen herumkurvt.
Ein Schritt zur falschen Zeit in die falsche Richtung, und aus dem Minimalabstand wird ganz leicht ein Totalzusammenstoß.
Okay, der Fußgänger merkt den Aufprall als Erster – aber ein paar Sekundenbruchteile später auch der Radfahrer. Je nach Höhe und Dauer der Flugphase genauso fies. Irgendwie scheinen das aber die meisten Radler zu verdrängen, sobald sie sich in den Sattel hieven und der Pedale Saures geben.
Also wäre gegenseitige Rücksicht doch eigentlich für beide Parteien von Vorteil, oder?
Ganz schlimm wird’s allerdings, wenn noch eine Fellnase mit im Spiel (der Fliehkräfte) ist.
Wir sind leider keine Maschinen – und Hunde erst recht nicht
Ja, das alte Thema.
Natürlich sollte unser Hund aufs Wort gehorchen, immer auf uns konzentriert sein und uns jeden Wunsch von den Augen ablesen.
Tut er nur nicht.
Kann er gar nicht.
Denn in so einem kleinen Hundeköpfchen geht so viel vor, was wir unsensible Zweibeiner gar nicht bemerken.
'Wir müssen nämlich ganz schön viel nachdenken, wenn wir unterwegs sind. Wie man zum Beispiel wieder irgendwo runterkommt.'
Da ist man so schön in eine frische Eichhörnchen-Spur vertieft, oder entdeckt gerade auf der anderen Seite des Wegs etwas total Spannendes im Gebüsch, oder man möchte jetzt mal wieder in den Schatten, weil’s einem nun doch zu heiß in der Sonne ist – und schon macht man ein paar Schritte dahin, womit keiner gerechnet hat.
Herrchen bzw. Frauchen nicht, und schon gar nicht der Radfahrer, der gerade schwungvoll zum Überholen ansetzt.
Ich wage mal die Prognose, dass Sophie einen Aufprall selbst bei normaler Geschwindigkeit nur schwer verletzt, wahrscheinlich aber gar nicht überleben wird. Und das möchte ich nie - aber auch wirklich gar nie! - erleben müssen.
Und der Verursacher besser auch nicht, denn ab diesem Moment würde ich zur Bestie mutieren. 👿
Langer Rede, kurzer Sinn: Ein Hund ist keine Maschine, sondern bewegt sich durchaus unlogisch und irrational (zumindest für uns Menschen).
Und schnell.
Und leider manchmal vor lauter Schreck genau dorthin, wo der Radfahrer hinsteuert.
Oder ganz bewusst … 🙄
Vom Jäger zum Gejagten
Nun ist es ja so, dass manche Hunde eine gewisse Neigung haben. Alles, was sich flott bewegt, löst den entsprechenden Jagdreiz aus – und schon geht sie los, die wilde Hatz.
So wird schnell aus einem Jäger der Gejagte, und das ist weder für den Radfahrer, noch für den Hund wirklich witzig. Manche Vierbeiner gehen sogar so weit, dass sie die Reifen attackieren.
Das Ende vom Lied?
Kann man sich ausmalen: Hässlich, schmerzhaft, teuer und unter ganz bösen Umständen sogar tödlich für die Fellnase.
Also, auch deswegen meine große Bitte an alle Radfahrer: Gebt uns Hundeeltern doch die Chance, unseren Vierbeiner zu sichern. Ob das mit einem Anleinen passiert oder nur mit einem beherzten Griff ans Halsband, mit einem perfekt trainierten fröhlichen ‚Zur Seite!‘ oder ‚Sitz!‘ – Hauptsache, unsere Fellnase kommt nicht zwischen beziehungsweise unter Eure Räder. 🚲
'Ja, natürlich kann ich auch 'Sitz'! Ich hab nur meistens keinen Bock dazu.'
Was wir dafür brauchen?
Eine rechtzeitige Warnung und Zeit genug, damit wir auch reagieren können.
Ich zum Beispiel bin oft in der freien, (meist) menschenleeren Natur mit Sophie beim Trüffeln. Sie trödelt und schnüffelt, ich bin mit den Gedanken irgendwo ganz tief in meinem neuen Buchprojekt versunken (oder überlege, was ich kochen soll).
'Ich trüffle nicht, ich arbeite. Und zwar mit meiner Nase. Das ist echte Schwerstarbeit.'
Sprich, wir brauchen beide eine gewisse Zeitspanne, bis wir unsere Gedanken von dem Grasbüschel beziehungsweise dem gemeingefährlichen Killer gelöst und uns in die Realität zurückgebeamt haben. 😊 Wer sich dabei unterhalb einer gewissen Entfernung befindet und mit einer entsprechend hohen Geschwindigkeit unterwegs ist, ist dann einfach eine Sekunde zu spät dran.
Deswegen, liebe Radfahrer – überschätzt nicht die Reaktionsfähigkeit von Herrchen / Frauchen und Hund auf einem gemütlich-entspannten Gassigang!
Wir sind einfach nicht so fix wie Ihr ...
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Umgekehrt wird natürlich auch ein Schuh draus: Bitte, liebe Hundeeltern, sorgt nicht dafür, dass das Thema ‚Hund‘ immer negativer in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Eure Mitmenschen, egal ob zu Fuß oder auf dem Rad unterwegs, kennen Eure Fellnase im Normalfall nicht.
Der Labi, der freudig herangeschossen kommt und einem schlabbernd die Vorderpfoten auf die Brust stemmt, mag ja wirklich der allerliebste Hund der Welt sein – auf Fremde wirkt so eine stürmische Begrüßung nicht unbedingt wirklich toll.
Ja, auch wenn er nur spielen will und das Rad höchstens aus Versehen umschmeißt.
Mit ein bisschen mehr gegenseitiger Rücksichtnahme klappt das Miteinander viel besser, wirklich! 🌺
Aber isch abe doch gar keine Klingel, Signora …
Kann sich außer mir noch jemand an diese coole Kaffeewerbung erinnern? 😄 Die mit dem charmanten Italiener, der sein Auto wegfahren soll, aber stattdessen einen wunderbaren Kaffee kredenzt? ☕
Manchmal fühle ich mich genauso wie die blonde, leicht genervte Dame, die gerade nicht an ihr Auto kommt. „Und wann klingeln Sie?“ „Aber isch ahe doch gar keine Klingel …“ 😜
Kann es sein, dass heutzutage Klingeln an Fahrrädern den gleichen Status haben wie die gehäkelten Klopapierrollenhüte auf der Rücksichtsbank? Total old school und echt so was von retro?
So eine Klingel ist zwar verkehrsrechtlich immer noch vorgeschrieben, aber mir ist aufgefallen, dass einige Räder offensichtlich gar nicht mehr mit diesem netten kleinen Extra ausgestattet sind.
Aber es geht ja auch anders …
Danke, du Pfeife! 🥳
Kürzlich trüffelte ich mit Sophie frühmorgens auf einem hübschen, kleinen Spazierweg herum, und wie’s halt so ist um diese Uhrzeit – wir waren beide noch nicht richtig wach, Sophie und ich.
Und mit radelnden Extremsportlern rechneten wir auch noch nicht. Bis – ja, bis uns ein lauter Pfiff aus aufschreckte, denn hinter uns näherte sich mit erstaunlich hoher Geschwindigkeit ein Exemplar eben dieser Gattung. Offensichtlich ohne Klingel, dafür aber mit Trillerpfeife im Mund. 😄
Da kann ich nur sagen: Danke, du Pfeife! 🥳
Und nein, das ist keine Beleidigung, sondern ein dickes Lob an den strammen Radelfahrer. 🤗
Ich hatte ausreichend Zeit, Sophie zu mir zu rufen und sie zur Vorsicht (doppelt hält besser, denn – siehe oben – Hunde sind leider keine Maschinen …) am Geschirr zu sichern, und Mister Tour de France brauchte keinen einzigen Stundenkilometer zu reduzieren, sondern konnte weiter an seiner persönlichen Bestzeit arbeiten.
Das war gut für sein Ego, und noch besser für Sophies (und meine) Gesundheit. Und eigentlich ja auch für seine Gesundheit, denn wie gesagt – sollte es mal wirklich zu einer Kollision kommen, darf sich der Verursacher überlegen, wer ihn aus meinen Klauen rettet. Superhero-Herrchen macht’s auf alle Fälle nicht. Der kennt schließlich seine Frau, wenn sie eine Stinkwut hat. 🤬
In diesem Sinne nochmal an alle Fellnasen-Eltern und Fahrrad-Junkies: Ein bisschen Voraussicht und noch mehr Rücksicht wäre für alle Beteiligten eine echte Win-win-Situation. Und alle hätten mehr von der Schönheit in der freien Natur.
Einfach mal kurz klingeln (oder pfeifen 😁), und schon klappt’s viel besser mit der Harmonie. 😊
So geht's auch. Ganz harmonisch und entspannt - für alle Beteiligten 😎
So, und jetzt geh ich mit Sophie Gassi. Und falls wir uns begegnen sollten – Du auf dem Rad, ich auf zwei Beinen, Sophie auf vier - bitte klingeln, ja? Oder pfeifen. Wir reagieren auch auf hupen, übrigens. 😎
Dankeschön! 🌺
Und Du? Hast Du schon als Hundehalter ähnliche Erfahrungen mit rücksichtslosen Radlern gemacht? Oder als Radler mit rücksichtslosen Hundehaltern? Was meinst Du zu diesem Thema? Hast Du gute Ideen für ein besseres Miteinander?
Sophie und ich freuen uns immer über nette Kommentare – also, sei nicht schüchtern und berichte uns von Deinen negativen (und hoffentlich auch positiven) Erlebnissen! 😊
Hab auf alle Fälle eine wunderbare Zeit draußen, egal ob mit Hund oder dem Radl unterwegs, bis bald sagen
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Pepper (Sonntag, 29 Oktober 2023 23:12)
Hallo meine Freunde auf zwei Rädern, ich bin ein Schnauzer in Ausbildung. Ich würde gerne zur BH gehen. Darum muss ich in verschiedenen Situationen Ruhe bewahren. So muss ich vor dem Überqueren der Straße am Zebrastreifen stehen bleiben und darf erst nach Kommando gehen. Ganz toll finde ich von Euch wenn ihr von der Straße mir den Weg über den Zebrastreifen abschneidet und vor meiner Nase auf den Gehweg brettert. Das bedeutet großer Schreck und zwei Wochen Training für den Ar...
Ganz besonders toll wird es, wenn ich mein Signalfarbenes Laibchen tragen muss und mit meinem Chef zum Maintrailing im Park unterwegs bin. Dort muss ich Versteckpersonen finden. Später werde ich vielleicht bei Rettungseinsätzen gebraucht. Ihr kommt trotz meiner Signaljacke von hinten angeschossen und mein Chef muss dann die Übung abbrechen. Radfahren im Park ist zwar verboten, das steht auch auf allen Schildern an allen Ein und Ausgängen des Park, das stört euch aber nicht. Ich will euch nicht erklären wie anstrengend Nasenarbeit ist, aber eines verspreche ich euch, ich werde nie einen wildgewordenen Radfahrer suchen gehen, denn egal wo ich angeleint gehe, treffe ich täglich rücksichtslose,, ruepelhafte, Radfahrer. Egal ob Park, Fußweg, Zebrastreifen oder Wald, ich muß an die Leine aber ihr könnt euch alles erlauben. Suchhund die n Ausbildung wünscht euch ewige Gesundheit. P.S meine Ausbildung zahlt mein Chef aus eigener Tasche und wird wegen euch Rodwys nur noch teurer. Ich habe fertig.
Beate Forsbach (Samstag, 24 August 2024 14:03)
Danke für deinen tollen Blogartikel, den ich eben beim Googeln gefunden habe. Ich habe eine junge Berner Sennenhündin (2 Jahre alt). Am Wochenende mit Frieda in den Wald zu gehen, ist oft ein Abenteuer, besonders mittags, wenn Fahrradfahrer unterwegs sind. Solange sie auf den Forststraßen bleiben, üben wir die Begegnung, und oft rufe ich ihnen zu: BItte fahren Sie langsam! Denn so ein junger Hund jagd gerne einem schnell fahrenden Radfahrer hinterher!
Heute aber hatten wir ein ganz besonderes Erlebnis: Wir gingen auf einem schmalen Pfad zum Parkplatz zurück, mit einem Mal war ein Fahrradfahrer direkt hinter uns und sagte: Nehmen Sie den Hund da weg! Ich sagte: Wieso fahren Sie hier überhaupt? Er darauf: Das ist doch ein Fahrradweg! Der unfreundliche Mann war offenbar der Meinung, dass wir ihn sehen, wenn er uns sieht - aber leider habe ich hinten keine Augen! Und er hat weder geklingelt noch gerufen - er wollte einfach, dass wir nicht da sind!
Beim Googeln habe ich nun gefunden, dass Neuerungen im Bundeswaldgesetz geplant sind - denn auch ältere Menschen sowie Familien mit kleinen Kindern sind im Wald nicht mehr sicher, vor allem vor Montainbikern und E-Bike-Fahrern, die mit hohem Tempo kreuz und quer durch den Wald fahren. In dem geteilten Artikel (Link im 1. Kommentar) las ich z.B., dass in Baden-Württemberg Waldwege beispielsweise nur mit dem Rad befahren werden dürfen, wenn sie mindestens zwei Meter breit sind.